Desintegration

Desintegration ist eine Haltung, eine Forderung, ein Spiegel, ein Synonym für Mündigkeit – doch was hat das mit der Kolonialzeit zu tun?

Wir alle stehen vor der Geschichte

In der landläufigen Überzeugung ist die Kolonialzeit mit der Unabhängigkeit der meisten kolonialisierten Staaten beendet worden. Vor allem die deutsche Kolonialgeschichte wird selten bis gar nicht thematisiert. Dass die Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse, auf denen die Kolonialisierung fußte, bis heute wirkmächtig sind, scheint vergessen. Und dass unsere gegenwärtige Welt- und Wirtschaftsordnung eng mit der Kolonialzeit verknüpft ist, wird viel zu selten einer Betrachtung unterzogen. Doch gerade im Integrationsdiskurs spielen die Auswirkung der Kolonialzeit und das mit dieser Epoche noch mehr verfestigte rassistische System eine entscheidende Rolle.

Die Kontinuitäten von Rassismus und Gewalt

Ohne Thematisierung der gegenwärtigen Macht- und Repräsentationsverhältnisse und deren Dekonstruktion können gleiche Rechte für alle nicht realisiert werden. Ein zentrales Ziel ist es rassismusfördernde Handlungs- und Denkmuster, die unbewusst reproduziert werden, zu thematisieren und kritisch einzuordnen. Beispielsweise werden in Deutschland noch heute Unterstützer und Repräsentanten des kolonialen Unterdrückungs- und Ausbeutungssystems anhand von Denkmälern oder Straßenbezeichnungen heroisiert. Dabei ist auf verschiedene Ansätze zum Umgang mit diesen kolonialen Erinnerungsorten hinzuweisen.

Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass in der lokalen Gestaltung von Diversität die globalen Verflechtungen, die die Grundlage für Rassismus bilden, nicht umfassend betrachtet werden.